Sanierung der Finanzen durch immer mehr Armut und Ausbeutung? – Wie denn sonst!
Diskussionsveranstaltung am Mittwoch, den 02.11.2011 um 19:00 im MTZ in Hamburg, Lindenallee 72
1.
Eben noch wurde die Finanzbranche von der Politik gerettet. Und was ist der Dank der Finanzmärkte? Sie setzten den Euro-Staaten die Pistole auf die Brust“ und verlangen eine Konsolidierung der Staatsschulden. Vielen Euro-Staaten werden die Schuld-Zinsen so weit hochgesetzt, dass ihnen die Zahlungsunfähigkeit droht. Selbst fanatische Anhänger der Marktwirtschaft regt diese Dreistigkeit der Banken gegenüber ihren Rettern so auf, dass sie mehr Kontrolle der Finanzmärkte fordern. Und sogar Linke meinen, dass sie sich bei dem Konflikt zwischen Banken und EU-Staaten auf die Seite der Regierungen schlagen müssten. Diese Parteilichkeit für die Politik wird so weit getrieben, dass man die Politik als das ohnmächtige Opfer der Finanzmärkte darstellt. Statt der Regierungen sollen die Banken dafür verantwortlich sein, dass nun die Staatshaushalte auf Kosten all der Menschen saniert werden, die nicht von Kapitaleinkünften leben.
2.
Diese Politik zur Sanierung der Finanzen schafft immer mehr Armut und Ausbeutung, und der Widerstand der Betroffenen dagegen ist bitter nötig. Schon deswegen ist ein Freispruch für die Politiker, die genau das planen, völlig verfehlt. Die einseitige Schuldzuweisung an die Finanzmärkte ist zudem sachlich falsch. Senkung von Lohn und Lebensstandard der Bevölkerung kam ja nicht erst durch die Banken auf die politische EU-Agenda, sondern wurde schon lange vor der Finanzkrise im Lissabon-Prozess“ beschlossen. Es ging und geht um die Steigerung des Wirtschaftswachstums. EU-übergreifend werden seitdem ständig Reformen durchgesetzt: Anhebung des Rentenalters, Privatisierungen, Kostensenkung im Gesundheitswesen und immer mehr billige Arbeit durch Arbeitsmarktreformen. Hierzulande entstand daraus ein Niedriglohnsektor, der Deutschland zu einem so erfolgreichen Niedriglohnland gemacht hat, dass weite Teile Südeuropas da nicht mehr mithalten können.
3.
Natürlich gibt es massenweise Staaten, die tatsächlich ziemlich machtlos den Ansprüchen ihrer Gläubiger gegenüber stehen. Es handelt sich um Länder mit einem chronischen Außenhandelsdefizit, deren Staatsmacht notorisch auf immer neue Auslandskredite angewiesen ist und ständig am Rand der Zahlungsunfähigkeit steht. Anders sieht es aber mit den Saaten aus, in deren Metropolen die Finanzmärkte angesiedelt sind. Sie haben sich ganz freiwillig verschuldet, weil ihnen die Staatsverschuldung lauter Konkurrenzvorteile geboten hat. Statt das Kapitalwachstum durch Steuern zu behindern, bedienen sie sich der Finanzmärkte. Alte Schulden werden prinzipiell durch neue Kreditaufnahme bezahlt. Jedes Wirtschaftswachstum ist für sie nur ein Grund, die Neuverschuldung zu steigern. Die geliehenen Gelder werden eingesetzt um ihr Wirtschaftswachstum zu fördern. Ganze Industrien wurden damit aufgebaut, ohne dass die Mittel vorher bei ihnen erwirtschaftet werden mussten. Mit Billionen Staatsschulden haben die erfolgreichen Staaten zudem Kriege finanziert – die USA ist da nur ein besonders krasses Beispiel. Auf diese Vorteile durch eine weltweit operierenden Finanzbranche wollen Merkel & Co auch in Zukunft nicht verzichten. Deswegen tun sie alles um die Finanzbranche möglichst leistungsfähig zu halten.
4.
Deswegen hatte die staatliche Rettung der notleidenden Banken“ oberste Priorität, als vor ein paar Jahren die Bankenkrise ausbrach. Die Finanzhaie hatten die Krise zwar selber verursacht; die ganzen wertlosen Assets“ hatten sie selber produziert und sich damit gegenseitig begaunert. Logisch, dass sie sich gegenseitig nicht mehr trauten und der gegenseitige Kredit der Banken zusammenbrach. Damit trat eine akute Gefährdung der angeblich so gesunden Realwirtschaft“ ein, die ja zur Erweiterung ihrer Geschäfte ständig auf Kredite angewiesen ist. Um die Fähigkeit der Banken zur Kreditvergabe zu retten, griffen die kapitalistischen Staaten zum bewährten Mittel der Staatsverschuldung. Paradoxerweise liehen sie sich Geld von genau der Branche, die am Rand des Zusammenbruchs stand und sanierten damit vor allem die Institute, die bei der gegenseitigen Begaunerei den Kürzeren gezogen hatten. Die meisten wertlosen Assets“ befinden sich nun in Staatsbesitz. Die Staatsschulden sind dadurch drastisch gestiegen. Die Finanzbranche bekam durch die Staatsschulden eine lukrative und sichere Einnahmequelle.
5.
Seit Ausbruch der Bankenkrise haben sich die Finanzhaie mit staatlichen Wertpapieren regelrecht vollgesogen. Der (angebliche) Wert der deutschen Staatsschuld-Papiere im Besitz der Finanzinstitute beträgt mehr als 80% des deutschen Inlandprodukts, bei Griechenland sind 120-150%, was Japan betrifft sind es sogar ca. 200%. Dieser Verschuldungsgrad stellte erstmal für die Finanzmärkte kein Problem dar. In sicherer Gewinnerwartung haben sie die Papiere erworben und haben damit selber zur ansteigenden Verschuldung ihren Teil beigetragen. Nur: inzwischen ist bei den Finanzakteuren wieder das alte Misstrauen erwacht. All die Neuschulden haben die Staaten nicht etwa zur Steigerung des Wirtschaftswachstums verwendet, sondern zum Ankauf eben jener Schwindelpapiere, welche die Finanzhaie ja selber produziert hatten. Sie wissen selber, dass Wirtschaftswachstum kein Selbstgänger ist, jedenfalls üben sie bei der Kreditvergabe an die Realwirtschaft noch immer vornehme Zurückhaltung, weil sie nicht mit einem kommenden Wirtschaftsboom im Euroraum und den USA rechnen. Daher kamen sie zu dem Urteil, dass es mit der Bonität der Staatsschulden in der Regel nicht all zu gut steht. Dieses Urteil exekutieren sie jetzt. Die durch die gesenkte Bonität unweigerlich steigenden Zinsen für die übliche Neuverschuldung treiben jetzt selbst Euro-Staaten in die Zahlungsunfähigkeit. Das wird gerade mit Griechenland durchgezogen.
6.
Die aus der griechischen Zahlungsunfähigkeit resultierende Entwertung der griechischen Wertpapiere bringt allerdings die Finanzwirtschaft selber wieder in genau die Gefahr, aus der sie nach der Lehman-Pleite gerettet“ wurde. Um deren erneute Rettung geht es Merkel & Co – und keineswegs um die Rettung Griechenlands. Der Ausverkauf dieses Landes zur möglichst umfassenden Bedienung der Schuldendienste wird das Land so ruinieren, dass dort langfristig kein Wirtschaftswachstum mehr stattfinden wird. Was die europäischen Führungsmächte so aufregt: diesmal würde die Entwertung der Bankrücklagen vor allem die Finanzmärkte in Europa treffen. Damit steht tatsächlich ihre ganze globale Macht auf dem Spiel, die sie mit der weltweiten Etablierung der in Frankfurt gedruckten Euro-Zettel als (Reserve-)Weltwährung erlangt haben. Wenn sie nun die Bevölkerung für die Sanierung der Finanzen haftbar machen, werden sie mit nie gekannter Rücksichtslosigkeit vorgehen – Grund genug für die Betroffenen, nicht nur den Finanzhaien, sondern auch ihren staatlichen Nutznießern das Handwerk zu legen!
Mitveranstalter: Liga gegen den Imperialismus
http://liga-gegen-den-imperialismus.de/
Quelle Sozialforum Eimsbüttel, http://www.sofo-eimsbuettel.de/ , 25.10.11
Livestream zum Occupy – Camp vor der HSH – Nordbank in der Hamburger Innenstadt
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Hier nun auch der Livestream zu Occupy Berlin
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