Exakt vom 27.01.2016 – Volle Auftragsbücher dank Flüchtlingswelle
Über eine Million Flüchtlinge sind im vergangenen Jahr nach Deutschland gekommen. Menschen, die untergebracht und versorgt werden müssen, die Deutsch lernen und integriert werden sollen. All das kostet. Experten rechnen mit 15 Milliarden Euro an zusätzlichen öffentlichen Ausgaben. Und die Mehrausgaben des Staates lassen einige Branchen boomen: So verzeichnen beispielsweise Containerbauer, Wach-und Sicherheitsdienste eine rosige Auftragslage aufgrund der anhaltend hohen Nachfrage.
Doch manche Auswüchse der „Flüchtlingsindustrie“ sind durchaus fragwürdig. Exakt-Reporter haben Taxifahrer getroffen, denen die aktuelle Lage gute Geschäfte beschert, z.B. in Leipzig. Viele Stadtfahrten bringen Asylbewerber zum Arzt und zu Behörden. Diese Touren werden von der in Sachsen für die Flüchtlinge zuständigen Behörde, der Landesdirektion, bewilligt und mit öffentlichen Geldern bezahlt. Selbst kurze Strecken.
Bei diesem Leipziger Betrieb herrscht seit Wochen Hochkonjunktur. Etwa 800 Flüchtlingsfahrten haben sie hier innerhalb von drei Monaten verbucht. Chef Rolf Kaaden ist zwiegespalten.
„Ich bin natürlich auch Geschäftsmann genug, um die Taxifahrten gerne weiter zu vermitteln. Aber irgendwie muss das ja auch finanziert werden und das ist natürlich nicht nachzuvollziehen, dass dort so großzügig verfahren wird. Ich möchte mich um Gottes Willen nicht noch beschweren, dass wir Fahrten haben, ganz und gar nicht, aber das wird kritisch gesehen.“
Die meisten Touren sind reine Stadtfahrten, doch es geht auch eine Nummer größer. Exakt-Reporter begleiten Rene Weichelt, der eine syrische Familie nach Chemnitz bringt. Sie hat dort einen Termin beim Amt für Migration und Flüchtlinge. Eine Strecke von über 80 Kilometern.
In Chemnitz heißt es für den Taxifahrer warten – bei laufendem Taxameter. Auch andere Taxen aus Leipzig sind da. Nach fünfeinhalb Stunden haben die Syrer es geschafft, das Warten hat ein Ende. Das Taxameter kommt bei 308,90 Euro zum Stehen. Die Rückfahrt ist inklusive.
Die Taxifahrer können sich über gutgehende Geschäfte freuen. Doch zum Teil schütteln auch sie den Kopf, wofür öffentliche Gelder ausgegeben werden.
MDR – Exakt vom 27.01.2016 – Volle Auftragsbücher dank Flüchtlingswelle
Immer mehr Flüchtlinge kommen nach Deutschland. Der Anteil derer, die ein dauerhaftes Bleiberecht bekommen, steigt. Gleichzeitig sinkt seit Jahren der bezahlbare Wohnraum, vor allem in den Ballungszentren. Experten und Politiker warnen vor „sozialem Sprengstoff“.
REPORT MAINZ-Autoren reisen durch Deutschland – dorthin, wo der Notstand schon Alltag ist. Zum Beispiel in den Ludwigshafener Stadtteil Mundenheim: Dort müssen Bewohner jetzt aus ihren baufälligen Häusern raus. Auf dem Gelände entstehen jetzt neue Häuser für Flüchtlinge. Die Stimmung ist vergiftet.
In Berlin warten Tag für Tag Flüchtlinge vergebens, weil es keine Beratungstermine mehr in der Wohnungsvermittlung der evangelischen Kirche gibt. Und in Tübingen kämpft ein Oberbürgermeister gegen Wohnungsleerstand, will notfalls sogar private Wohnungen für Flüchtlinge beschlagnahmen lassen.
Experten und Politiker erwarten Konkurrenzkampf um bezahlbaren Wohnraum – REPORT MAINZ-Umfrage: Kaum Hilfe für wohnungssuchende Flüchtlinge
Flüchtlingsfamilie auf Wohnungssuche
Angesichts der dramatisch steigenden Zahl neuer Flüchtlinge erwarten Experten und Politiker einen immer heftigeren Konkurrenzkampf um bezahlbaren Wohnraum, vor allem in den deutschen Ballungszentren. Das berichtet REPORT MAINZ. Im Interview sagte der Wirtschaftswissenschaftler Matthias Günther, der sich als Leiter des Hannoveraner Eduard-Pestel Instituts für Systemforschung intensiv mit den Chancen einkommensschwacher Menschen auf dem Wohnungsmarkt beschäftigt:
„Die ganzen Flüchtlinge, die im Moment in den Übergangseinrichtungen sind, kommen eigentlich erst nächstes Jahr so richtig auf den normalen Wohnungsmarkt. Wie es gelingen kann, diese Menschen in den normalen Wohnungsmarkt zu integrieren, ist mir im Moment ein Rätsel. Bei dem gegenwärtigen Bauniveau ist klar mit einer Verschärfung der Konkurrenzsituation zu rechnen.“
Günther Burkhardt, Geschäftsführer und Mitbegründer von „Pro Asyl“, sagte gegenüber REPORT MAINZ: „Die Politik hat lange Jahre die Augen davor verschlossen. Vor der Tatsache, dass sozialer bezahlbarer Wohnraum generell für Menschen mit geringem Einkommen in den Ballungsräumen fehlt. Niemand kann eine Konkurrenz wollen zwischen den Schwächsten der Schwachen.“
Der Tübinger Bürgermeister Boris Palmer (B’90/ Die Grünen) sagte im Interview: „Das ist genau die Gemengelage, aus der Sprengstoff entsteht, auch sozialer Sprengstoff.“
Flüchtlinge haben zwar keinen Rechtsanspruch auf eine eigene private Wohnung, solange ihr Asylgesuch nicht positiv entschieden ist. Dennoch nutzen viele Kommunen ihren Ermessensspielraum und sind bestrebt, Asylbewerber – meist nach drei Monaten – dezentral unterzubringen, aus humanitären Gründen, aber auch um Notunterkünfte zu entlasten. Vor dem Hintergrund der stetig fallenden Zahl an Sozialwohnungen wird dies jedoch immer schwieriger. Deren Zahl ist zuletzt von bundesweit rund 2,5 Millionen im Jahr 2002 auf 1,5 Millionen (2013) gesunken.
Bundesbauministerin Barbara Hendricks (SPD) hatte daher eine Verdoppelung der jährlichen Fördersumme des Bundes von rund 500 Millionen auf eine Milliarde Euro an die zuständigen Bundesländer angekündigt und diese aufgefordert, die Gelder tatsächlich in den sozialen Wohnungsbau zu investieren. Ob und wie viel Geld die Bundesländer allerdings bisher zweckentfremdet haben sollen, konnte das Bundesbauministerium auf Nachfrage von REPORT MAINZ nicht erklären.
Eine Umfrage des Magazins unter allen Bundesländern hat ergeben, dass mindestens 12 von 16 Bundesländern für sich in Anspruch nehmen, die Fördergelder bisher zweckgemäß eingesetzt zu haben. Einige Länder wie Bremen räumen allerdings ein, das Geld auch für die Finanzierung bereits bestehender älterer Wohnraumförderprogramme genutzt zu haben. Erst 2012 seien damit komplett neue Projekte gefördert worden. Ein klares Bekenntnis, die Gelder auch weiterhin eins zu eins in den sozialen Wohnungsbau zu investieren, gaben nur fünf Bundesländer ab: Baden-Württemberg, Bayern, Bremen, Hessen, Niedersachsen und Rheinland-Pfalz. Zu Beginn des vergangenen Jahres war die Zweckbindung gelockert worden. Auf die Anfrage von REPORT MAINZ nicht reagiert haben die Länder Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und Sachsen-Anhalt.
Das Magazin fragte die Bundesländer auch nach Vermittlungshilfen für wohnungssuchende Asylbewerber. Diese gibt es bereits in den Stadtstaaten Bremen und Berlin. Dort werden in zentralen Anlaufstellen Flüchtlinge bei Behördengängen oder bei der Wohnungsbesichtigung umfassend beraten und begleitet. Ergebnis der Umfrage: Alle 11 der 16 Bundesländer, die REPORT MAINZ geantwortet haben, sehen grundsätzlich die Städte und Gemeinden bei der Wohnungsvermittlung in der Pflicht. Bayern und Mecklenburg-Vorpommern stellen allerdings den Kommunen nach eigenen Angaben Gelder zur Verfügung, die für diese Zwecke genutzt werden könnten. Das Saarland finanziert die Stellen von hauptamtlichen Asylbegleitern, die Asylbewerbern bei der Orientierung in der neuen Wohnung und bei Behördengängen helfen. Schleswig-Holstein will derzeit „Maßnahmen“ erarbeiten, um die Wohnungsvermittlung effizienter zu gestalten.
Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer bekräftigte in REPORT MAINZ seine Pläne, notfalls Wohnraum für Flüchtlinge zu beschlagnahmen. Er bekomme nun viele Hassmails „mit ganz viel brauner Soße“ aus ganz Deutschland. Er räumte allerdings auch eigene Versäumnisse in der Vergangenheit ein, etwa im Kampf gegen den Wohnungsleerstand. Wörtlich sagte er: „Niemand in Deutschland hat es richtig gemacht. Niemand hat vorher gesehen, wie viele Menschen zu uns kommen. Wir reagieren jetzt immer nur hinterher. Wir lösen Probleme, wenn es eigentlich schon zu spät ist. Das ganze System ist aus den Fugen geraten.“
Kritischer Kommilitone – Marcel Kallwass
Auch Marcel wurde in schwerster Form von der Bundesarbeitsagentur attackiert, weil er es sich gewagt hatte seine kritische Haltung zu Hartz IV öffentlich zu äußern. Am 27. Januar 2014 wurde Marcel Kallwass deshalb außerordentlich gekündigt.
Eine unzensierte Kommunikation zwischen einem Sozialhilfeempfänger und dem Sozialamt Bern und Ämter. Dieses Archiv (Mirror1) ist den BGE Generationen gewidmet (Quelle: tapschweiz.blogspot.ch)
Neueste Kommentare