Prof. Dr. Peter Grottian
(FU Berlin/Aktionsbündnis Sozialproteste)
Tel.: 0171/8313314
E-Mail: benedictugarte@aol.com
Fahrplan für eine politische Intervention: Wenn das Bundesverfassungsgericht am 9. 2. 2010 (10 Uhr) mutmaßlich die HartzIV Regelsätze für verfassungswidrig erklärt 🙄
Stand: 21. 1. 2010
Das mutmaßliche Urteil und die Folgen:
Das Bundessverfassungsgericht (BVerfG) wird am 9. Februar 2010 das Verfahren zur Festlegung der HartzIV-Eckregelsätze – nicht die Höhe der Regelsätze! – für verfassungswidrig erklären. Die Anhörung vor dem BVerfG ergab nach sehr nachdrücklichen Fragen des Gerichts, dass die Bundesregierung und das Statistische Bundesamt wegen ihrer unbegründeten Ableitung der Eckregelsätze fast peinlich am Pranger standen und die Richter und Richterinnen überraschend deutlich machten, dass sie ein solches Daumenpeilverfahren gegriffener Zahlen nicht dulden werden.
Das Gericht wird sich nach den mir zugänglichen Informationen nicht zur Höhe der Regelsätze äußern, sondern der Bundesregierung die Hausaufgabe aufdrücken, bis 2012 ein transparentes Verfahren der grundgesetzlich orientierten Ableitung und Festlegung zu entwickeln (Art.1 GG). Bis 2012 – so lange sollten wir den zu erwartenden Verschiebebahnhof politischer Verantwortlichkeiten nicht hinnehmen, sondern einen Sturm auf Schwarz Gelb und für die Betroffenen für eine massive Regelsatzerhöhung jetzt und die Bändigung des bürokratischen Zurichtungsapparates (Sanktionsmoratorium) versuchen. Wir sollten die außerparlamentarischen und parlamentarischen Kräfte so bündeln, dass eine neue gesellschaftspolitische Debatte darüber, was ein Kind und ein erwachsener Mensch zum Leben braucht, entfacht wird. Das wird nicht leicht sein, da machtvolle Kräfte der Gesellschaft auf eine Senkung der Regelsätze und Ausweitung der Sanktionen setzen (vgl. das höchst ambivalente Interview der Arbeits- und Sozialministerin von der Leyen in der BILD-Zeitung vom 11. 1. 2010). Es kommt demnach für uns durch eine gut vorbereitete Aktion darauf an, die öffentliche Debatte mitzugestalten.
Nach vielen vorbereitenden Gesprächen mit Gewerkschaften, attac, Wohlfahrtsverbänden, Kirchen, Protestbewegungen und Kinderrechtsorganisationen zeichnen sich folgende Interventionselemente ab:
1. Pressekonferenz im Anschluss an die Urteilsverkündung
Ziel: Kurzfristig realisierbare Alternativen zu HartzIV ausweisen, pochen auf Grundsatzdebatte, Finanzierbarkeit darstellen, Vorschläge zur Sozialdebatte, Kritik am Verschleppungsverfahren der drei Koalitionen.
Mögliche TeilnehmerInnen:
Deutscher Kinderschutzbund: Heinz Hilgers (zugesagt)
Bundesverband Deutscher Tafeln: Gerd Häuser (zugesagt)
Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband: Prof. Martens oder Dr. Schneider, angefragt
DGB: Annelie Buntenbach, angefragt
Attac/Aktionsbündnis Sozialproteste: Prof. Grottian, Werner Rätz
Wir nehmen in Kauf, dass wir eine Pluralität von Forderungen repräsentieren.
Zeit und Ort: Ca. 11:00 Uhr im Café Rih (100 Meter vom Gerichtsgebäude entfernt)
Die lokalen und regionalen Initiativen (Karlsruhe, Speyer, Mannheim, Heidelberg u. a.) planen zusätzlich etwa vier Tage vor der Urteilsverkündung eine lokale/regionale Pressekonferenz
2. Eltern-Kinder-Kundgebung vor dem Bundesverfassungsgericht am Tag der Urteilsverkündung
Es geht zunächst in den Gerichtsverfahren um Kinder-Eckregelsätze, aber das Gericht hat seinen Blick auf die Regelsätze für Bedarfsgemeinschaften ausgeweitet. Nach Gesprächen mit regionalen Gruppen (Speyer, Mainz, Mannheim, Karlsruhe) könnten wir mit der Koordination des Karlsruher Kinderschutzbundes (Frau Kunz) und attac Karlsruhe (Georg Rammer) es hinbekommen, ca. 50-70 Eltern und Alleinerziehende zu einer Kundgebung zu versammeln. Die argumentative und bildliche Präsentation könnte sehr hilfreich sein, ohne die Kinder instrumentalisieren zu wollen. Anfang Januar hat ein höchst ermutigendes Treffen in Karlsruhe stattgefunden, auf dem die Eltern-Kinder- Kundgebung festgeklopft und ein präziser Vorbereitungsfahrplan beschlossen worden ist. Das nächste Vorbereitungstreffen fand am Dienstag, den 26. 1. in den Räumen des Kinderschutzbundes Karlsruhe (Kaiserallee 109) statt.
3. Bemalung von 40-50 Arbeitsagenturen mit der Forderung 500 Euro jetzt durch Gruppen des Aktionsbündnis Sozialproteste.
Eine Wortmeldung der Erwerbslosen ist nach einer allzu langen Pause überfällig. Deshalb wollen 40 – 50 Protestgruppen am Tag der Urteilsverkündung 40-50 Protestgruppen die Wände, Fenster und Türen der Arbeitsagenturen mit der seit längerer Zeit propagierten Forderung 500 Euro jetzt bekleben, bemalen, mit Transparenten verschönern etc. Alle, die die Ämter an diesem Tag aufsuchen, sollten die Forderung während ihres Beratungsgesprächs vorbringen. Es ist den Gruppen vor Ort zu überlassen, was sie noch gewaltfrei aber wirkungsvoll anrichten. Für diese Aktionen, die auch in Karlsruhe erläutert werden sollen, ist das Aktionsbündnis Sozialproteste (Edgar Schu, 0551/3070978 o. 0179/6729724) verantwortlich. Das Aktionsbündnis Sozialproteste – die Folgeorganisation der HartzIV-Proteste – hat auf seiner Sitzung am 9. 1. in Hannover die Trägerschaft für diesen politischen Interventionsteil übernommen. Die lokalen Bündnisse in Berlin, Dresden, Jüterborg, Aschersleben, Karlsruhe, Mannheim, Speyer, Mainz, Schwedt, Hanau, Frankfurt, Offenbach, Potsdam; Wizenhausen, Köln, Höxter haben lokale Initiativen oder die Beteiligung in Karlsruhe zugesagt.
4. Repräsentative Befragung zu den tagtäglichen HartzIV – Regelsätzen (Essen, Trinken, Bildung,Mobilität, etc.), den allgemeinen Eckregelsätzen (Erwachsene, Kinder) und einer angemahnten Reaktion der Bundesregierung.
Eine solche seriöse Umfrage (infratest-dimap) kostet ca. 5000 bis 7000 Euro. Wir sind recht sicher, dass die Befragung – ähnlich wie die zu Steuerentlastungen oder einem alternativen Sozialprogramm – für unsere grundsätzliche Argumentation hilfreich sein könnte. Nur, sie muss auch bezahlt und möglichst von uns allen mitgetragen werden. Ein Verfahrensvorschlag sollte bis Ende Januar entwickelt werden.
5. Vorbereitende Öffentlichkeits- und Politikarbeit.
Eine gute Vorbereitung ist oft die halbe Miete. Wenn wir wirklich eine grundsätzliche Debatte mit Folgen vom Zaun brechen wollen – wie uns das im Bildungsstreik ansatzweise gelungen ist – so sollten wir viele vorbereitende Gespräche führen, die eine längere Debatte entzünden.
Angesprochen werden sollen: ver.di, IG Metall, GEW, IG Bau, Kirchen, Wohlfahrtsverbände, Kinderschutzorganisationen, Bürgerrechts- und Menschenrechtsorganisationen, Familienverbände, Parteien etc. – und die 20-30 wirklich wichtigen Journalisten. Ich bin gerne bereit meine guten Kontakte zu ver.di, GEW, Bürgerrechtsorganisationen, Die Linke, Bündnis 90/Die Grünen und zu ca. 10-12 Journalisten zu nutzen – andere sollten ihre Kontakte und Versuche kurz mitteilen und abstimmen.
Mit freundlichen Grüßen – und mit der optimistischen Einschätzung, dass unsere bisherige Vorbereitung sehr konstruktiv und kooperativ verlaufen ist.
Herzlichen Dank!
Peter Grottian
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