Deutscher Bundestag Drucksache 17/
17. Wahlperiode
Antrag der Abgeordneten Katja Kipping, Klaus Ernst, Matthias W. Birkwald, Heidrun Dittrich, Diana Golze, Jutta Krellmann, Cornelia Möhring, Ingrid Remmers, Jörn Wunderlich, Sabine Zimmermann und der Fraktion DIE LINKE.
Weg mit Hartz IV! Für gute Arbeit und eine sanktionsfreie, bedarfsdeckendeMindestsicherung! 🙄
Der Bundestag wolle beschließen:
I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:
Seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts über die Regelleistungen bei Hartz IV ist endgültig klar: Hartz IV ist ein Angriff auf den Sozialstaat und Armut per Gesetz. Die Regelleistungen für Erwachsene und Kinder bei Hartz IV sind verfassungswidrig und nicht existenzsichernd.
Damit ist neben der Organisation auch der wesentliche Inhalt des Gesetzes für verfassungswidrig erklärt worden. Hartz IV ist endgültig gescheitert und muss grundlegend überwunden werden.
Die Einführung von Hartz IV war eine historische Fehlentscheidung. Ihr lag die Philosophie zugrunde, nicht das Fehlen von Millionen Arbeitsplätzen sei das Problem, sondern die mangelnde Motivation auf
Seiten der Erwerbslosen und die unzureichenden Betreuungsstrukturen auf seiten der Arbeitsbehörden.
Unter dem Motto Fördern und Fordern wurden die Opfer des Arbeitsmarktes zu Schuldigen umgedeutet. Statt mehr Arbeitsplätze zu schaffen, wurde der Druck auf Erwerbslose erhöht.
Die vorgeblichen Ziele der Reform:
* eine ausreichende materielle Sicherung bei Erwerbslosigkeit sowie
* eine schnelle und passgenaue Vermittlung der Betroffenen in Erwerbsarbeit
* eine effiziente und bürgerfreundliche Verwaltung wurden allesamt nicht erreicht. Fünf Jahre nach der Einführung von Hartz IV ist offensichtlich: Die Reform ist grundlegend gescheitert. Die Abschaffung der Arbeitslosenhilfe, die Aussteuerung der Erwerbslosen in das neue repressive Fürsorgesystem des SGB II mit unzureichendem Leistungsniveau bedeutet Armut und Ausgrenzung per Gesetz. Die Regelsätze sind viel zu niedrig. Weder eine gesunde Ernährung noch Teilhabe an der Gesellschaft sind damit möglich. Die Abschaffung der Arbeitslosenhilfe und die Verkürzung der Bezugsdauer des Arbeitslosengelds haben dazu geführt, dass immer mehr Erwerbslose nur noch Fürsorgeleistungen beziehen. Ihr Anteil liegt heute bei 70 Prozent. Hartz IV steht damit exemplarisch für den Weg in einen Bedürftigkeitsstaat.
Das Hartz-IV-Regelwerk verstößt mit seinem Sanktionsregime, der Entrechtung der Betroffenen, den schikanösen Kontrollen durch sog. Sozialdetektive und Zwangsumzügen gegen den Verfassungsauftrag an die Politik, die Würde des Menschen zu schützen (Art. 1 GG). Die zu geringen Leistungen begünstigen Fehl- und Unterernährung, insbesondere bei Kindern und Jugendlichen, gefährden die Gesundheit der Betroffenen und benachteiligen sie bei der gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Teilhabe. Von der in Aussicht gestellten besseren arbeitsmarktpolitischen Förderung und Vermittlung in Existenz sichernde Arbeit ist nichts zu spüren. Pflichtarbeiten wie Ein-Euro-Jobs dominieren
die Arbeitsmarktpolitik.
Hartz IV hat die Furcht vor Armut und sozialem Ausschluss bis weit in die Mitte der Gesellschaft hinein getragen. Die Drohung mit dem sozialen Absturz wirkt disziplinierend auf die Beschäftigten, schwächt die Durchsetzungsfähigkeit der Gewerkschaften, begünstigt Untertanenmentalität und unterhöhlt so die gesellschaftlichen Voraussetzungen der Demokratie. Hartz IV stärkt die Arbeitgeber im gesellschaftlichen Verteilungskampf, befördert die Ausweitung des Niedriglohnsektors und die zunehmende soziale Polarisierung bei Einkommen und Vermögen.
Statt diese Fehlentwicklungen grundlegend zu korrigieren und Hartz IV einer Generalrevision zu unterziehen, setzt die neue Bundesregierung aus Union und FDP auf die noch stärkere Drangsalierung von Erwerbslosen durch erneut verschärfte Sanktionen und die weitere Ausdehnung des ohnehin schon riesigen Niedriglohnsektors.
Um die Würde des Menschen im Grundsicherungsbezug endlich herzustellen und die Erpressbarkeit von Erwerbslosen und Beschäftigten zu beenden, muss Hartz IV jedoch überwunden und durch eine repressionsfreie und bedarfsdeckende Mindestsicherung ersetzt werden. Diese Maßnahme muss begleitet werden durch eine umfassende Strategie der Schaffung von guter Arbeit für alle Menschen, die eine Erwerbsarbeit suchen, sowie der gesellschaftlichen Umverteilung. Um Armut zu vermeiden und soziale Teilhabe zu ermöglichen, sind anständige Löhne und leistungsfähige Sozialversicherungssysteme wesentlich. Insbesondere kommt hier einem armutsfesten gesetzlichen Mindestlohn und der Weiterentwicklung der Sozialversicherungssysteme zu sozialen Bürger-, bzw. Erwerbstätigenversicherungen eine wichtige Bedeutung zu.
Das Europäische Jahr gegen Armut und soziale Ausgrenzung ist der geeignete Zeitpunkt, einen grundlegenden Kurswechsel zur Überwindung von Hartz IV einzuleiten.
II. Der Deutsche Bundestag fordert daher die Bundesregierung auf: innerhalb der Legislaturperiode gesetzliche Änderungen vorzubereiten und vorzulegen, die sich von folgenden Grundsätzen leiten lassen:
1. Mit einer umfassenden politischen Strategie ist Erwerbslosigkeit, Dumping- und Niedriglöhnen und der Ausweitung von prekärer Beschäftigung entgegenzutreten und stattdessen Existenz sichernde und sozial abgesicherte Gute Arbeit zu fördern. Durch ein öffentliches Zukunftsprogramm können 2 Mio. zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen werden (Bundestagsdrucksache 17/470). Zusätzlich sind in einem ersten Schritt in der Arbeitsmarktpolitik folgende Maßnahmen umzusetzen:
Es wird ein flächendeckender gesetzlicher Mindestlohn von 10 Euro eingeführt; höhere tarifliche Mindestlöhne werden in den betreffenden Branchen für allgemeinverbindlich erklärt.
Der Schutz durch die Arbeitslosenversicherung wird nachhaltig verbessert; insbesondere werden das Kurzarbeitergeld und der Anspruch auf Arbeitslosengeld verlängert.
Die Vermittlung in Erwerbsarbeit ist Aufgabe der öffentlichen Arbeitsverwaltung, die durch fachlich gut qualifiziertes und festangestelltes Personal erfolgt. Eine Vermittlung erfolgt nur in Beschäftigung, die den Standards guter Arbeit genügt.
Für alle Erwerbslosen ist der Zugang zu arbeitsmarktpolitischen Integrationsleistungen herzustellen, deren Teilnahme auf Freiwilligkeit beruht. Qualifikations- und Weiterbildungsmaßnahmen sind als Instrumente wieder stärker zu nutzen. Ein-Euro-Jobs werden abgeschafft und in sozialversicherungspflichtige, tariflich bezahlte Arbeitsverhältnisse in einem öffentlich geförderten Beschäftigungssektor umgewandelt.
2. Mit einer bedarfsdeckenden und sanktionsfreien Mindestsicherung muss die Verarmung und Entwürdigung von allen Erwerbslosen und Menschen mit geringem Einkommen, die in der Bundesrepublik leben, beendet werden. Nachfolgende Leistungen müssen als maßgebliche Schritte zu einer bedarfsdeckenden und sanktionsfreien Mindestsicherung gewährleistet werden:
Einen Rechtsanspruch auf die Mindestsicherung haben alle Menschen, die über kein ausreichendes Einkommen oder Vermögen verfügen, um ihren soziokulturellen Mindestbedarf zu decken und die rechtmäßig in der Bundesrepublik Deutschland leben, einschließlich der Asylsuchenden und Flüchtlinge. Diskriminierende Sondersysteme wie das Asylbewerberleistungsgesetz sind abzuschaffen.
Die Regelleistung für Erwachsene im Mindestsicherungsbezug ist auf 500 Euro pro Monat festzulegen. Die Regelleistung ist jährlich zumindest in dem Maße anzuheben, wie die Lebenshaltungskosten steigen.
Die Regelleistungen für Kinder und Jugendliche sind bedarfsorientiert und altersspezifisch zu ermitteln.
Anzustreben ist die Einführung einer bedarfsdeckenden Kindermindestsicherung, bei der das Einkommen berücksichtigt wird. Erste Schritte dahin bestehen im Ausbau von Vorrangleistungen zur Sicherung des Kindesbedarfs, wie dem Kindergeld, dem Kinderzuschlag und dem Wohngeld.
Die Beiträge zu den Sozialversicherungssystemen für Leistungsbeziehende der Mindestsicherung sind deutlich anzuheben. Der Beitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung muss spürbar angehoben werden, damit mit dem Bezug der Mindestsicherung nicht bereits Altersarmut vorprogrammiert ist. Die Beiträge zu den gesetzlichen Krankenkassen müssen für das Gesundheitssystem kostendeckend sein.
Nachweisbare Sonderbedarfe werden zusätzlich übernommen. Die bisherigen Anteilssätze für Mehrbedarfszuschläge gelten bis auf weiteres fort.
Die allgemeinen Vermögensfreigrenzen sind auf 20.000 Euro pro Person anzuheben.
Aufwandsentschädigungen für ehrenamtliche Tätigkeiten sind grundsätzlich anrechnungsfrei.
Das Rückgriffsrecht des Staates gegenüber den Erben der Mindestsicherungsbezieherinnen und -beziehern ist abzuschaffen.
Die Mindestsicherung ist repressions- und sanktionsfrei auszugestalten. Die Sicherstellung der Mindestsicherung ist grundrechtlich geschützt. Dem Charakter als Mindestsicherung entspricht, dass eine Unterschreitung des Leistungsniveaus grundsätzlich auszuschließen ist. Daher sind Sanktionen in der Mindestsicherung abzuschaffen. Die Sanktionsparagrafen im Zweiten Buch Sozialgesetzbuch sind sofort ersatzlos zu streichen.
3. Das Grundrecht auf angemessenes Wohnen ist durch die Mindestsicherung zu wahren. Es sind bundesweit einheitliche Methoden und Verfahren für die Bemessung der Leistungen für Wohnung und deren Betriebskosten zu vereinbaren, mit dem Ziel, Zwangsumzüge und Ungleichbehandlungen zu verhindern. Es sind Mindeststandards festzulegen. Segregationsprozessen in den Städten ist auf diese Weise entgegenzuwirken.
Angemessene Wohnkosten sind in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen zu ersetzen (Maßstab Wohnfläche: Kriterien sozialer Wohnungsbau; Maßstab Mietkosten: Mittelwert der ortsüblichen Vergleichsmiete, Bruttowarmmiete).
Ein Umzug ist unzumutbar, wenn er eine soziale Härte darstellt oder die zuständige Stelle keine angemessene Ersatzwohnung nachweisen kann. Grundsätzlich gilt eine Übergangsfrist von einem Jahr, damit die Hilfeberechtigten im ersten Jahr des Leistungsbezugs ihre Bemühungen vollständig auf die Überwindung der Hilfebedürftigkeit konzentrieren können.
Die Entstehung von Wohnungslosigkeit ist grundsätzlich zu verhindern.
4. Die rechtliche Konstruktion der Bedarfsgemeinschaft ist zu überwinden, um die ökonomische Abhängigkeit und Entwürdigung von Erwerbslosen und Menschen mit geringem Einkommen sowie deren Familienmitgliedern zu beenden.
Die Mindestsicherung orientiert sich am Individualprinzip, d.h. jeder bedürftige Mensch hat einen eigenen Anspruch unter Berücksichtigung der Unterhaltsverpflichtung nach dem BGB. Die unterhaltsrechtlichen Bestimmungen des BGB dürfen nicht über das Sozialrecht erweitert werden.
Die Sonderregeln für die Gruppe der jungen Erwachsenen bis 25 Jahre (insbes. Vorbehalt der Auszugsgenehmigung, reduzierte Regelleistung) sind abzuschaffen; der Status als erwachsene Person mit eigenständigen sozialen Rechten ist ab der Volljährigkeit anzuerkennen.
5. Die mit der Einführung von Hartz IV betriebene Entrechtung der Erwerbslosen ist zu stoppen und rückgängig zu machen.
Widersprüche der Leistungsbeziehenden gegen belastende Verwaltungsakte der Sozialbehörden müssen stets aufschiebende Wirkung haben. Insgesamt sind die Rechtsschutzmöglichkeiten gegen rechtswidriges Behördenhandeln zu sichern und zu verbessern. Zudem ist ein transparentes Verwaltungsverfahren zu gewährleisten. Die Prozessführung muss kostenfrei bleiben.
Die entwürdigende Praxis von Hausbesuchen mit ihrer expliziten Missbrauchsunterstellung ist einzustellen; die Vorgabe, dass die Träger der Mindestsicherung einen Außendienst mit dieser Funktion einzurichten haben, ist abzuschaffen.
Das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ist zu beachten.
Berlin, den 10. Februar 2010
Dr. Gregor Gysi
und Fraktion DIE LINKE.
Begründung:
1. Hartz IV war eine historische Fehlentscheidung. Die zur Rechtfertigung der Reform angeführten Ziele sind allesamt verfehlt worden.
Von einer ausreichenden materiellen Sicherung bei Erwerbslosigkeit kann keine Rede sein. Unverändert ist zutreffend: Hartz IV ist Armut und Ausgrenzung per Gesetz. Die Abschaffung der Arbeitslosenhilfe hat die Armut unter den Erwerbslosen spürbar erhöht (u.a. DIW Wochenbericht 50/2007; DIW Wochenbericht 38/2008, S. 565; Becker / Hauser: Verteilungseffekte der Hartz-IV-Reform. Baden-Baden 2006). Etwa 200.000 vormals leistungsberechtigte Personen insbesondere Frauen mit einem erwerbstätigen Partner – haben jeglichen Anspruch auf Unterstützung verloren, obwohl sie weiterhin erwerbslos waren (IAB Discussion paper 24/2007). Die drastische Verschärfung der Sanktionsbestimmungen (§ 31 SGB II) führt zu einer Vielzahl von Kürzungen bis hin zu komplettem Leistungsausschluss insbesondere bei jungen Erwachsenen bis 25 Jahre (Bundestag Drucksache 16/13577).
Die Leistungssätze für Kinder und Jugendliche im SGB II orientieren sich nicht an deren spezifischen Bedarfen und erhöhen damit die dauerhafte Gefahr von sozialer Ausgrenzung (Hessisches Landessozialgericht L 6 AS 336/07 vom 29.10.2008). Die marginalen Beiträge zur Rentenversicherung führen dazu, dass pro Jahr Hartz-IV-Bezug lediglich etwas mehr als 2 Euro Rentenanspruch entstehen. Altersarmut unter den Hartz IV Beziehenden ist damit vorprogrammiert (vgl. BMAS: Nationaler Strategiebericht. Sozialschutz und soziale Eingliederung 2008 2010, S. 72).
Eine schnelle und passgenaue Vermittlung in Erwerbsarbeit ist nicht erreicht worden. Daten des IAB sprechen hier eine deutliche Sprache: Fast die Hälfte der Leistungsberechtigten war seit 2005 drei Jahre lang ununterbrochen auf Hartz -IV-Leistungen angewiesen. Drei Viertel der Betroffenen beziehen das Arbeitslosengeld II mindestens 12 Monate durchgängig (IAB 5/2009). Bei denjenigen, die aus dem Bezug ausscheiden, findet nicht einmal die Hälfte einen neuen Job (IAB Kurzbericht 28/2009).
Vermittlung findet wenn überhaupt in den Niedriglohnsektor statt. Von einer effizienten und bürgerfreundlichen Verwaltung zu sprechen, verbietet sich angesichts der skizzierten Ergebnisse. Nicht einmal der Aufbau einer zumindest verfassungsgemäßen Verwaltung zur Umsetzung des SGB II ist gelungen. Das Bundesverfassungsgericht hat am 20.12.2007 entschieden, dass die sog. Argen eine verfassungsrechtlich unzulässige Verwaltungsorganisation darstellen.
2. Die vorgebliche Ziele der Einführung von Hartz IV verschleiern die eigentliche Funktion von Hartz IV: die Ausweitung des Niedriglohnsektors und die Disziplinierung der Beschäftigten. Die Funktion der Arbeitsmarktreformen war unter den Überschriften Fördern und Fordern und Stärkung der Eigenverantwortung die massive Einschränkung der sozialen Absicherung, um die Aufnahme jeglicher Beschäftigung zu erzwingen. In dieser Hinsicht war die Reform leider erfolgreich.
Die Verantwortung für die Erwerbslosigkeit wurde weitgehend aus dem Versicherungssystem in das Fürsorgesystem SGB II übertragen. Nur noch etwa ein Drittel der Erwerblosen ist durch das Versicherungssystem abgesichert. Damit einher geht ein spürbarer Rückgang der Pro-Kopf Ausgaben für Erwerbslosigkeit (IAB 14/2008). Die Arbeitskosten haben sich für die Arbeitgeber verbilligt; Leiharbeit wurde dereguliert und ausgeweitet und Stammbelegschaften diszipliniert.
Erwerbslose im SGB II-Bezug werden über drastisch verschärfte Zumutbarkeitskriterien und Sanktionen(Fördern und Fordern) dazu gezwungen, nahezu jeden Job anzunehmen. Die Konzessionsbereitschaft der Betroffenen in Bezug auf die Löhne und Arbeitsbedingungen steigt (IAB Kurzbericht 19/2009). Der eigentliche Zweck der Gesetzes Ausweitung des Niedriglohnsektors wird somit erreicht (etwa: IAQ Report 2009-05). Fast jede und jeder vierte Beschäftigte in Deutschland muss heute zu einem Niedriglohn arbeiten. Das sind ca. 6,5 Mio. Menschen. Sie sind arm trotz Arbeit. Etwa 1,3 Mio. Menschen sind mittlerweile trotz Arbeit auf Hartz IV Leistungen angewiesen im September 2005 waren es noch 900.000.
3. Die politisch verantwortlichen Instanzen müssen der sozialen Polarisierung, der zunehmenden Verarmung und Ausgrenzung in der Gesellschaft sowie der Entrechtung und Drangsalierung der betroffenen Menschen entschlossen entgegentreten. Hartz IV hat mit der fundamental falschen Ausrichtung den Sozialstaat beschädigt und damit die Voraussetzungen für gesellschaftlichen Zusammenhalt und für eine funktionierende Demokratie unterminiert. Die Überwindung des repressiven Hartz IVSystems steht deshalb im Zentrum eines notwendigen grundlegenden Politikwechsels. Mit dem skizzierten Programm zur Überwindung von Hartz IV und zur Einführung einer bedarfsdeckenden Mindestsicherung sind folgende Ziele zu erreichen:
Schaffung von mehr Beschäftigung und guter Arbeit
Stärkung der Arbeitslosenversicherung und Ausbau eines öffentlich geförderten Beschäftigungssektors
Soziale Integration und Teilhabe auf der Grundlage sozialer Rechte
Beendigung der Instrumentalisierung der Existenzsicherung als Mittel zur Ausweitung prekärer Beschäftigung, insbesondere durch die Abschaffung der jetzigen Zumutbarkeitsregelungen und des Sanktionsapparats
Bedarfsdeckende Leistungen für soziale Teilhabe und Sicherung
Gewährleistung des Grundrechts auf angemessenes Wohnen
Überwindung der Bedarfsgemeinschaftskonstruktion bei Beibehaltung der gesetzlichen Unterhaltsverpflichtungen
Stärkung der Rechtspositionen der Leistungsberechtigten. Damit wird dem Sozialstaatsgebot wieder Geltung verschafft, Langzeiterwerblosen ein Leben in Würde ermöglicht und die Lage der Beschäftigten verbessert. Der soziale Zusammenhalt und die Demokratie werden dadurch gestärkt und die sozial gerechte Ausgestaltung unserer Gesellschaft befördert.
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